• Rechtsmissbräuchliche Abmahnung

Gewerbetreibende sehen sich mehr und mehr einer Flut von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen z. T. geringster Wettbewerbsverstöße, etwa der Preisangabenverordnung, einer geringfügigen Missverständlichkeit in den im Internet verwendeten AGB etc., ausgesetzt.

Aufgrund des Wettbewerbsverstoßes wird der Gewerbetreibende damit zum Verletzer des Wettbewerbsrechts und in der Regel schnell Post von einem Rechtsanwalt eines Konkurrenten erhalten, der das verletzende Verhalten abmahnt.

Damit verbunden ist die Forderung nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, in der sich der Verletzte verpflichtet, für den Fall der Wiederholung eines im Kern gleichen Wettbewerbsverstoßes eine vertraglich festgelegte Vertragsstrafe an den Abmahner zu bezahlen.

In vielen Fällen jedoch ist bereits die Abmahnung oder die nachfolgende gerichtliche Verfolgung der vermeintlichen wettbewerbsrechtlichen Ansprüche rechtsmissbräuchlich.

In diesen Fällen können sich verschiedene Rechte des Verletzers gegen den Abmahner ergeben, wie etwa Rückgabe / Kündigung der Unterlassungserklärung oder auch Schadenersatz.

Voraussetzung ist aber immer, dass die Abmahnung oder die gerichtliche Geltendmachung des Verstoßes rechtsmissbräuchlich ist, in der Regel nach § 8 Abs. 4 UWG.

Danach ist eine Abmahnung und die daraus resultierende strafbewehrte Unterlassungs- erklärung dann rechtsmissbräuchlich, wenn sie sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen erfolgt, mit anderen Worten, wenn sie

„unter Würdigung der Gesamtumstände vorwiegend dazu dient, einen Anspruch auf Kosten oder Ersatz von Aufwendungen entstehen zu lassen.“.

Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Abmahnende an der Rechtsverfolgung des Wettbewerbsverstoßes kein wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse haben kann, da sich aus der Rechtsverfolgung für den Abmahner kein Vorteil ergibt.

Im Einzelnen haben sich hierzu folgende Fallgruppen herausgebildet:

Vielfachabmahner

Das sind Konkurrenten, die eine besonders umfangreiche Abmahntätigkeit entfalten. Allerdings ist eine umfangreiche Abmahntätigkeit alleine noch kein ausreichendes Merkmal des Rechtsmissbrauchs. Diese Grenze ist erst erreicht, wenn bei objektiver Betrachtung an der Rechtsverfolgung des Verstoßes kein vernünftiges, wirtschaftliches, Interesse besteht, außer dem Gebührenerzielungsinteresse.

Rechtsmissbräuchlichkeit ist also dann anzunehmen, wenn die Abmahntätigkeit zur sonstigen gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden in keinem vernünftigem wirtschaftlichem Verhältnis mehr steht und ein wirtschaftlich vernünftig Handelnder diese so nicht betreiben würde. (BGH, GRUR 2001, 260)

Indizien hierfür sind

  • Ermittlung der Verstöße durch den später beauftragten Rechtsanwalt
  • Freistellung des Abmahnenden von den Anwaltskosten durch den beauftragten Rechtsanwalt
  • Sehr umfangreiche Abmahntätigkeit
  • Systematische Kostenüberhöhung

Kostenbelastungsinteresse

Wenn es dem Abmahnenden in erster Linie darum geht, den Wettbewerber mit einem möglichst großen Kostenrisiko zu belasten. Indiziell liegt dieses Interesse vor, wenn der Abmahnende einen kostenintensiven Weg wählt, obwohl schonendere Möglichkeiten gegeben wären.

Klagenspaltung

Könnte ein Abmahnender mehrere wettbewerbsrechtliche Verstöße in einer Klage gerichtlich geltend machen und spaltet diese Klage ohne sachlichen Grund in mehrere Klagen auf, kann dies einen Rechtsmissbrauch darstellen.

Mehrfachverfolgung

Wird ein Verstoß von mehreren Gläubigern gleichzeitig verfolgt, kann dies rechtsmiss- bräuchlich sein, wenn sich die Gläubiger hinsichtlich der Rechtsverfolgung untereinander abstimmen.

Wettbewerbsbehinderung

Dies kann u.a. durch das Geltend machen unvollständiger Teilansprüche möglich sein, wie etwa die immer wieder geforderte Änderung einer Werbeaktion hinsichtlich von Fehlern, die von Anfang an in der Aktion enthalten sind und auch auf einmal hätten geltend gemacht werden können, was schließlich zu einer Klagenspaltung führt.

Fremdbestimmung

Der Anspruchsinhaber darf sich zur Durchsetzung seiner wettbewerbsrechtlichen Ansprüche eines Verbandes oder Rechtsanwaltes bedienen. Er darf sich jedoch nicht zum Werkzeug fremder Interessen, etwa dem Gebührenerzielungsinteresse eines Rechtsanwaltes machen, der dann den Gang des Verfahrens alleine dirigiert.

Fehlendes Rechtsschutzbedürfniss

Besitzt der Anspruchsberechtigte Mitwettbewerber bereits einen Vollstreckungstitel um gegen den Wettbewerbsverstoß vorzugehen, etwa eine vom Verletzer abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung, fehlt für eine erneute Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis.

In jüngster Zeit vertreten verschiedene Gerichte die begrüßenswerte Ansicht, dass eine Unterlassungserklärung, die eine Vertragsstrafe auch für den Fall eines nur fahrlässigen Wettbewerbsverstoßes als verwirkt ansieht ebenfalls rechtsmissbräuchlich ist. (LG Bochum, car-profi 2000)

Im konkreten Fall stand das Abmahnverhalten der Firma car-profi 2000 zur Überprüfung an.

Das LG Bochum sah die Rechtswidrigkeit aufgrund des im Vordergrund stehenden Schadenersatz- und Gebührenerzielungsinteresses aufgrund folgender Indizien als erwiesen an. Mit 5.100 € ist die Vertragsstrafe am oberen Ende angesiedelt, zumal die gerügten Verstöße lediglich den Verbraucherschutz betrafen und damit der Abmahnende nicht unmittelbar betroffen ist. Weiterhin deutet die unmittelbare Überprüfung der Einhaltung der Unterlassungserklärung nach bereits einem Tag mit sofortiger Aufforderung zur Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung mit erhöhtem Schadenersatzanspruch auf das überwiegende Gebühreninteresse hin. Ebenso deute in die gleiche Richtung die Vielzahl der Fälle, 26 Verfahren im Jahr 2009 und ca. 40 Abmahnungen. Schließlich enthalten die Abmahnungen unnötige Verschärfungen, weil sich der Abmahnende auch Vertragsstrafen für lediglich fahrlässige Verstöße versprechen lässt und den Eindruck erwecke, dass eigentlich mehrer Fälle der Vertragsstrafe aufgrund mehrerer angeblicher Verstöße verwirkt seien und damit der Eindruck einer drohenden höheren Vertragsstrafe bei nicht fristgerechter Zahlung entsteht.

Eine Verallgemeinerung dieser Fallgruppen ist zwar nicht möglich. Im Einzelfall kommt es immer auf die konkreten Umstände an. Aber ein kritischer Blick vor der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung ist in jedem Fall angezeigt und kann dem Gewerbetreibenden helfen, unnötige und z.T. hohe Kosten zu sparen.

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